Ein kleines Waldparadies vor der Haustür
Anlässlich des Tages des Waldes am vergangenen Sonntag fordert die Bürgerinitiative Feldring gemeinsam mit der BI "Schützt das Forchet" eine Unterschutzstellung des Haiminger Forchetwaldes.
Nur wenige Gemeinden im Land sind in der glücklichen Lage, direkt vor der eigenen Haustüre ein weitgehend naturbelassenes Stück Wald zu besitzen. Die Gemeinde Haiming gehört zu diesen privilegierten Kommunen. Das Forchet ist vor ca. 3000 Jahren nach einem gigantischen Bergsturz von der Südseite des Tschirgants entstanden. Wegen des kargen Bodens und der vielen eingelagerten Felsbrocken wurde das Gebiet in der Vergangenheit weder forst- noch landwirtschaftlich genutzt. Das ist der Grund, warum sich hier die Natur noch frei entfalten konnte. Viele geschützte Tier- und Pflanzenarten finden so ein letztes Rückzugsgebiet.
Für die Menschen der Region stellt dieser Wald einen wertvollen Erholungsraum dar. Seine Besonderheit liegt in der unmittelbaren Nähe zum Siedlungsraum und seiner Lage im Talboden. Während sich die meisten Waldgebiete im Oberland in steilem und schwer zugänglichem Gelände befinden, ist das Forchet für Familien mit Kindern und auch für ältere Menschen über die vielen Wanderwege und -pfade leicht zu begehen und zu erwandern. Hier können Kinder Natur unmittelbar erleben, ein unschätzbarer Vorteil für Kindergärten und Schulen.
In der jüngeren Vergangenheit wurden immer wieder Teile des Naturwaldes für Siedlungs- und Gewerbezwecke gerodet. Der flächenzehrende Bau des Handle-Gebäudes mitten im Waldgebiet wurde durch eine lokale Initiative in letzter Minute verhindert. Zuletzt wurden nach einem Entscheid des Landesverwaltungsgerichts weitere 12 Hektar des Waldes für die Rodung und Bebauung frei gegeben.
Noch liegt das Forchet wie ein grünes Band zwischen den Ortsteilen Haiming und Ötztal Bahnhof. Setzt sich diese Entwicklung fort, so wird in nicht allzu ferner Zukunft anstelle einer Naturlandschaft eine Ansammlung von Gebäuden und Straßen das Bild prägen, für kommende Generationen ein unwiederbringlicher Verlust an Lebensqualität.
Immer mehr Studien belegen den Wert des Waldes für die Gesundheit und das persönliche Wohlbefinden. Betrachtet man die Entwicklung im Inntal, so zeigt sich, dass sich die Siedlungsgebiete immer weiter ausdehnen und die Gemeinden immer näher zusammenwachsen. Prognosen sprechen davon, dass das Inntal in 50 Jahren durchgehend besiedelt sein könnte. Betrachtet man nur die besiedelbare Fläche Tirols (12 Prozent), so ergibt sich eine Bevölkerungsdichte von ca. 500 Einwohnern pro km2, Tendenz steigend. Damit liegen wir gleichauf mit Holland, nach Malta die Nr.2 in der EU.
Trotz der alarmierenden Zahlen wird fleißig weiter gebaut. Tatsächlich liegt Tirol im Spitzenfeld der Bundesländer, was den Flächenverbrauch angeht. Österreich wiederum ist Europameister, wenn es um die Versiegelung von Böden geht. Der jährliche Bodenverbrauch liegt bei durchschnittlich 44 km², was der Größe von Eisenstadt entspricht. (1) Im Jahr 2020 wurden in Tirol 97 Hektar mehr für eine intensive bauliche Nutzung gewidmet als im Jahr zuvor. Von einer Trendwende keine Spur, auch wenn der zuständige Landesrat Johannes Tratter von einer erfolgreichen Strategie spricht. (3)
Angesichts dieser Fakten scheint es befremdlich, dass weiterhin wertvolle Naturräume für Siedlungszwecke geopfert werden. Noch immer wird die Widmungspolitik in Tirol von technokratischen und ökonomischen Überlegungen dominiert. Was wir für eine zukunftstaugliche Entwicklung brauchen sind Politiker mit Weitblick und Sensibilität für die Natur und die Bedürfnisse der Bevölkerung, abseits vom Gewinnstreben von Investoren und Wohnbaugesellschaften. Der Bedarf an Wohnraum in der lokalen Bevölkerung scheint zumindest in Haiming endend wollend. So hat es zuletzt Schwierigkeiten gegeben, die geförderten Wohnungen der NHT (Neue Heimat Tirol) an den Mann oder die Frau zu bringen und das trotz des sehr niedrigen Mietpreises von 5 EURO pro Quadratmeter. (2)
Gleich zwei Bürgerinitiativen kämpfen jetzt für den Erhalt des Haiminger Forchet. Marianne Götsch, Sprecherin der BI "Schützt das Haiminger Forchet", die sich schon seit mehr als 7 Jahren für das Naturjuwel engagiert:
"Nur eine rasche Unterschutzstellung des Haiminger Forchet kann dessen fortschreitende Zerstörung stoppen. Mit der BI Feldring haben wir einen starken Partner gefunden. Gemeinsam wollen wir uns für den Naturschutz im Tiroler Oberland einsetzen."
Gerd Estermann von der BI Feldring, die zuletzt mehr als 160.000 Unterschriften gegen eine weitere Verbauung des Gletscherskigebietes Pitztal - Ötztal gesammelt hat, betont die überregionale Bedeutung des Forchet als einzigartige Naturlandschaft und ergänzt: "Es wird die Zeit kommen, da werden Reste von ursprünglicher Natur direkt vor unserer Haustür mehr wert sein als jegliches Bauland, das gehortet wird."
Quellen:
Umweltbundesamt (1)
Tiroler Tageszeitung (2)
Tiroler Tageszeitung (3)